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Frauenstimmen - das Interview

Interview mit Paula Marie Berdrow, Sprecherin und Sprechtrainerin



Paula Marie Berdrow im Interview mit Ulrike Fricke (03/2025)
Paula Marie Berdrow im Interview mit Ulrike Fricke (03/2025)

Paula Marie Berdrow ist Sprecherin und Sprechtrainerin.

Sie arbeitet mit Menschen am Sprechen: an Ihrer Stimme und an kommunikativen Themen wie Auftrittsangst, zu Wort kommen, Gesprächsführung, gehört werden.


Zum Interview-Mitschnitt auf Youtube

Hier ist die Lese-Version des Interviews mit Paula Marie Berdrow zum Thema "Frauenstimmen":


Wann redet sie am liebsten?

Klar: auf der Bühne - mit Text und - körperlicher Aktion (Lesung, Theater). Paula setzt ihren Körperausdruck ein, um ihr Sprechen zu unterstützen, wobei manchmal auch Dinge zu Bruch gehen (an der Stelle lacht sie).


Thema Frauenstimmen. Ein weites Feld, dennoch: Was verbindet sie damit?

Zunächst, sagt sie, arbeitet sie mit allen Menschen, nicht nur mit Frauen, an deren Stimmen und Sprechen. Es kommen mehr Frauen als Männer zu ihr. Jüngst konzipierte sie allerdings mehr Workshops für Frauen und FLINTA, also für Personen, die "nicht von männlichen Privilegien profitieren".

Viele Frauen fühlen sich sicherer, wenn sie nicht den Dynamiken ausgesetzt sind, die sich ergeben können, wenn Männer dabei sind.

Z. B. hat sich eine Gruppe von Frauen einer Firma zusammengetan, um mit Paula zu arbeiten und sich nur unter Frauen auszutauschen. Ihre wichtigste Frage, wie sie sich als Frauen in einer männerdominierten Firma verhalten können, wie sie kommunizieren sollen.

Paula findet (wie auch ich), dass wir nicht nur bei den Frauen ansetzen sollten, denn allzu oft resultiert daraus die Wirkung, dass Frauen das "nicht richtig können". Mit dem Resultat: "Die müssen daran arbeiten, dass sie sich in der Männerwelt behaupten."

Weibliches Sprechen wird häufig uA. mit Unsicherheit assoziiert.

Gleichzeit aber wird das gewertet: entweder ist eine Frau nicht weiblich genug oder sie ist nicht selbstbewusst genug.

 

Beispiel:

Eine Frau, die auf ihre Art Ärger zeigt, wird nicht ernst genommen, wird als hysterisch und "bossy" bezeichnet mit der Bitte sich doch erstmal zu beruhigen.

Ein Mann, der auf seine Art Ärger zeigt, gilt als durchsetzungsstark.

Es gelten offenbar noch verschieden Maßstäbe.

Und das müssen wir alle hinterfragen!

Ziel eines Trainings kann es sein, dass das eigene Wohlfühlen, der eigene Stil, das eigene Wollen zunächst festgestellt und ggf. bearbeitet wird. Das Ergebnis kann jeder Mensch dann ins eigene Repertoire einpflegen und das eigene Spektrum erweitern.

 

Noch ein Beispiel:

Thema Ärger. Eine Frau wird überhört, 3 x. Beim 4. Mal kommt Ärger auf, dem sie Luft macht. Die Reaktion: “Jetzt schrei’ mich nicht so an. In dem Ton schon mal gar nicht.”

Das ist “Tone policing”. Eine Strategie, mit der man ein Thema vom Tisch fegt und gleichzeitig (ab-) wertet.

Gegenstrategie: einem Fakt der Aussage zustimmen, in diesem Fall “Ja, ich werde laut, weil ich zuvor freundlich war und damit überhört wurde. Jetzt ärgere ich mich, und das kommt offenbar an.”

Möglicherweise ist das auch ein Schutz, um Äußerungen nicht zu nah an sich heran zu lassen.

Also: erlaube es Dir auch einmal emotional und/ oder laut zu sein, es muss möglicherweise nicht immer sachlich, klar und konfrontativ zugehen.

 

Männer und Frauen haben Potential und Qualitäten, wir müssen gar nicht (ab-) werten, was sie jeweils tun. Und wir müssen es auch nicht einem Geschlecht zuordnen. Das kann nämlich interessant sein, wenn ein Mann auch einmal Gefühl zeigt, oder wenn eine Frau klar sagt was sie will.

 

Wichtig ist es auch, an die inneren Stimmen heranzukommen, die jemanden einschränken, so wie es einige als Glaubenssätze kennen wie etwa “Man macht das nicht, man fällt niemandem ins Wort.” (und sich dann gleichzeitig ärgert, wenn andere das tun).

Paula erzählt vom Beispiel eines Theaterworkshops mit Augusto Boal zum Thema Unterdrückungsmechanismus (Übung “Cops in the head”).

Insgesamt geht es um tiefgehende Lernprozesse:


  • Wir identifizieren Gedanken, die bislang im Verborgenen lagen. Dadurch können wir sie bearbeiten, oder darüber reden.

  • Paula findet es ebenfalls wichtig die Erfahrung zu machen, dass man nicht allein ist mit dem Thema. Vielleicht sei das Kollektive auch besonders wichtig.

 

Konsens ist, dass so ein Prozess eine Bereicherung sein kann.

Konsens ist, dass es wichtig ist, dass es Räume gibt, in denen Frauen/ FLINTA unter sich sind.

Konsens ist auch, dass das Miteinander dann unbedingt ebenfalls ein wichtiger Schritt ist.

 

Paulas Tipp:

Sich Raum nehmen.

Die Idee ist dann zusätzlich zum Raum auf der Bühne auch zeitlichen Raum zu nehmen.

“Du hast viel mehr Zeit als Du denkst.” Vielleicht auch Raum, take your time. Nimm’ sie Dir!

Entwickele Lust darauf, erlaube es Dir, sich den Raum zu nehmen. Und dem Bedürfnis Wichtigkeit geben. Frauen und Mädchen lernen eher bescheiden zu sein und nicht zu fordern. Das darf sich ändern.

Probier’ es mal!

 

Paulas Buchtipp:

“MENSCHEN ÜBERZEUGEN die recht haben wollen”

 von Marie-Theres Braun, CAMPUS Verlag

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