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Deine Stimme zählt! - Interview

Ulrike Fricke

Mit Frauke Weyhausen (Engagement-Lotsin)



Deine Stimme zählt - Interview mit der Engagement-Lotsin Frauke Weyhausen
Deine Stimme zählt! Interview mit der Engagement-Lotsin Frauke Weyhausen

Es geht darum deine Stimme zu erheben, gerade in Hinblick auf die kommende Wahl. Es geht darum, deine eigene Position kund zu tun, und sie mit Deiner Stimme zu vertreten.

Zu diesem Interview-Thema habe ich eine interessante Gesprächspartnerin eingeladen: Frauke Weyhausen.

 

Frauke, Du bist sehr engagiert, du hast mir auch im Vorweg schon erzählt von neuen Ideen und Projekten, erzähl’ doch mal!

Ja, sehr gerne.

Ich bin in meinem Ehrenamt tatsächlich sehr vielfältig aufgestellt.

·         Mitglied im Checkpoint Queer

·         Dort bin ich zuständig für Präsenz in der Öffentlichkeit: Demos begleiten, Reden halten

·         Seit einem Jahr bin ich Engagement-Lotsin des Landes Niedersachsen.

Und da ist es mein Steckenpferd, die Menschen in der Stadt Lüneburg zu vernetzen, sie ins Gespräch zu bringen und auch übergreifende Aktionen zu starten.

Ja, großartig, Du vernetzt ja im großen Stil!

Ja, genau, ich bin eine Netzwerkerin und Ideengeberin!

Ich fand im Vorweg ja schon, dass das so ein passendes Thema für dich ist.

Außerdem habe ich dir auch schon erzählt, dass ich bei dem heutigen Thema nicht nur die Stimme als Instrument meine, sondern auch als Möglichkeit, deine Positionen kund zu tun und den Menschen zu Gehör zu bringen.

Und das tust du ja wenn Du netzwerkst die ganze Zeit, oder?

Ja!

Nun noch mal zu Dir. Das frage ich all meine Gäste: Wann redest du eigentlich am liebsten?

Am liebsten…. [denkt nach]

Also am liebsten wäre ich ... Vorleserin vom Beruf her, ich würde Menschen gerne vorlesen. Ja. Ich würde sagen, da würde ich am liebsten sprechen.

Ansonsten als Poetry Slammerin oder als Slammerin, als Texterin, ich fasse das da nicht so ganz eng. Tatsächlich stehe ich gern mit meinen eigenen Texten auf der Bühne.

Aber das machst du ja auch.

Das mache ich auch. Vorlesen vielleicht auch mal, wenn jemand gerne zuhören mag,

aber ansonsten auf der Bühne beim Open-Mic zum Beispiel, im Samowar Tea & Records (Lüneburg, Am Sande), wo auch immer gerade der Bedarf ist.

Wahnsinn! Du schreibst ja auch selber, ne?

Das schreibe ich auch selber, genau.

Heute geht es ja um Stimme und inhaltliche Position, das bringt Du ja eigentlich beim Slammen schon alles zusammen.

Du schreibst selber, das heißt, du hast selber Inhalte, die du wichtig findest und bringst sie zu Gehör.

Ja.

Also, manchmal ist es etwas spezieller mit meinen Texten, wenn ich für ein Motto-Slam texte, aber auch da kann ich mir das Motto natürlich aussuchen.

Es hat schon alles, glaube ich, einen gesellschaftlichen Aspekt. ZB. geht es um die Rechte der Frauen, um die Stimme der Frauen, um Gleichberechtigung, um Nein zu Gewalt an Frauen und Kindern, Seenot-Rettung oder auch das Engagement für junge Menschen.

Also, im Großen und Ganzen ist das gesellschaftlich gesehen ein Diskurs, den ich da fahre in meinen Texten.

Großartig.

Also, an Dein Slammen habe überhaupt nicht gedacht bei Deinen Engagements, sondern vor Allem an deine Auftritte bei Demonstrationen, oder daran, dass Du Vorträge hältst, und in der Kirche bist du auch tätig.

Genau.

Ja, aber es sind immer so:  “Meine Bühne, meine Texte”, die ich dort präsentiere.

Und ich versuche, das jedes Mal so zu machen, dass das wirklich ganz meins ist, was ich dort sagen möchte.

Ja.

Ein Beispiel:

Ich habe letztes Jahr eine Rede gehalten, beim Weltfrauentag, das mache ich dieses Jahr übrigens auch wieder am 8.3. auf dem Marktplatz in Lüneburg.                                 TIPP!

Ich versuche, das Gefühl der Menschen zu erreichen. Und nicht nur meine Forderungen zu platzieren.

Die sind auch sehr wichtig, aber ich glaube, dass es da sehr viele Menschen gibt, die politische oder gesellschaftliche Positionen haben und die auch kund tun, und die das auch sehr gut tun.

Ich möchte die Menschen auf die poetische Art und Weise erreichen und immer wieder auf der Gefühlsebene. Das ist mein Anliegen und dafür setzt sich dann auch meine Stimme ein.

Meine Erfahrung sagt mir, dass das ein richtig guter Weg ist.

Einerseits an die Inhalte zu denken. Also was ist dir wichtig, was ist deine Position? Wie kannst du da auch inhaltlich dahinter stehen?

Andererseits aber: wie spreche ich damit auch die Leute an?

Das heißt, Du erreichst Menschen über die Inhalte, aber gerade auch über den emotionalen Bereich. Der kann in Verbindung mit der Information wirklich noch mal eine viel intensivere Wirkung erzeugen.

Hast du auch diese Erfahrung?

Ja.

Also, ich habe tatsächlich die Erfahrung gemacht, dass Menschen die Texte, die ich dann spreche,im Nachhinein auch noch mitnehmen, dass es sie bewegt, dass es sie berührt. Viele geben mir genau dieses Feedback, und manchmal zusätzlich auch, dass sie daraus gelernt haben.

Und dass sie vielleicht über das eine oder andere noch mal anders nachdenken.

Das finde ich sehr wichtig, und deswegen mache ich das auch.

Ich glaube, dass wir sehr, sehr viele Stimmen haben. Wir sind sehr viele Menschen, die sich zu Bereichen äußern, aber es gibt vielleicht auch Menschen, die sich nicht trauen, auf eine Bühne zu gehen.

Die möchte ich auch ansprechen und auch deren Forderung Gehör verschaffe auf einer Demonstration.

Ich finde das sehr wichtig, dass dort Forderungen gestellt werden und dass dort auf Missstände hingewiesen wird.

Die  Zuhörer*innen dort sind selten die Menschen, an die diese Forderungen gerichtet sind.

Meine Texte richten sich daher weniger an die obersten Politikerinnen, sondern an die Menschen, die vor Ort stehen und die dann für sich schauen können, okay, wo kann ich in meinem Alltag, in meinem Leben dem Thema noch mehr Aufmerksamkeit widmen, wo kann ich vielleicht helfen, wo kann ich handeln, wo ist es vielleicht angebracht zuzuhören oder hinzusehen?

Frauke, damit baust Du eine astreine Brücke zwischen Deinen Inhalten und dem, was die Menschen bewegt, und wo es für sie auch möglicherweise sehr wichtig ist.

Dadurch, dass du die Emotionen mit ansprichst, ist es den Menschen möglich, sehr viel leichter nachzuvollziehen und es sich zu merken. Und sich selber etwas zu überlegen, motiviert zu sein, bewegt zu sein, selber etwas zu tun.

Das finde ich wirklich sehr demokratisch.

So stelle ich mir das vor: dass Meinungen gehört werden, dass damit etwas bewegt wird, dass man gemeinsam schaut, wie alle zusammen in die übereinstimmende Richtung kommen.

Wie kommst Du denn zu den Positionen?

Ich bin erstmal sehr viel unterwegs und genieße auch tatsächlich das Schlendern

durch die Lüneburger Innenstadt, zB. oder auch durch die Parks, aber ich reise auch unendlich gerne und besuche andere Orte.

Ich glaube jedem von uns geht es so, dass immer, wenn wir uns mit Menschen bewegen oder auch durch Menschenmengen hindurchgehen, dass wir Gesprächsfetzen wahrnehmen oder hören. Und da erhalte ich einen Eindruck davon: Was ist gerade wirklich wichtig? Was ist dran? Vielleicht im gesellschaftlichen Kontext, was vielleicht gar nicht mein persönlichen Fokus ist. Jedenfalls bekomme ich da so ein Gefühl und kann spüren, was die Menschen beschäftigt.

Es geht mir dann weniger um den Inhalt, sondern um die Emotion, mit der sie etwas preisgeben.

Dann habe ich meine eigenen Erfahrungen und was ich so in meinem Leben erlebt habe. ZB. das Thema Gewalt an Frauen und Kindern, das habe ich erfahren von betroffenen Freundinnen, und denen dann eine Stimme fehlt.

Sie waren einfach so sehr in der Thematik gefangen, so sehr in der Emotionen verstrickt. Und sie hatten keine Stimme, keine eigene Stimme.

Und ich habe dann gesagt, okay, ich habe die Stimme, ich habe das Handwerkzeug (das Schreiben), ich habe die Worte, und ich kann die Emotionen, die mir die Menschen geben, auch nutzen, ich kann sie nachvollziehen.

Und wenn ich das dann alles einen Text bringen kann, der sich dann auch wirklich stimmig anfühlt, der mit starken Bildern geschmückt ist. Diese Bilder gibt es ja, und ich kann sie einsetzen.

Das ist es, was mir den Antrieb gibt oder auch die Motivation, den Menschen eine Stimme zu geben, die gerade selber vielleicht keine haben.

Das bedeutet, dass Du natürlich die Antennen ausfährst, Du hörst zu.

Du kennst Menschen, du hörst, was ihnen widerfahren ist, und Du bist sensibel für die, die gerade keine Stimme haben,

Das ist der erste Schritt, daraus findest du die Worte mit den Instrumentarien, die du hast, das Schreiben.

Und das bringst Du dann raus  auf eine Art und Weise, die es auch wieder leicht macht, dir zuzuhören.

Du wählst die Worte und die Emotionen, die wirklich gut und leicht nachvollziehbar sind für alle, die dir begegnen.

Und so erlebe ich Dich auch. Du bist ein sehr engagierte motivierende Rednerin, das ist wirklich toll, dir zuzuhören! Ich kann es allen empfehlen, Frauke einmal zuzuhören.

Welches Ziel möchtest du erreichen? Du sagtest, Du möchtest die Menschen bewegen, etwas zu tun, und dass sie etwas mitnehmen, nachdenken, sich anders verhalten.

In erster Linie ist es, dass darüber nachzudenken und zu schauen, wie ist eigentlich mein Verhalten zu dem Thema.

Der größte Wunsch dahinter ist es, dass Menschen dann ins Handeln kommen.

Und dass diese in ihrem Umkreis dann auch Menschen eine Stimme geben, die in dem Moment gerade keiner haben, also sich einzusetzen, sich ebenfalls zu engagieren und sei es wirklich nur im Kleinen. Das muss keine Bühne sein.

 Hinsehen -  Hinhören - Handeln, das ist mein Fokus.

Wir führen dieses Interview ja vor der Bundestagswahl, auch da können wir Dein Motto anwenden: Hinsehen, Hinhören, Handeln?

Würde das bedeuten, jemanden die Stimme zu geben, von dem oder der man sich wirklich gut vertreten fühlt oder wie würdest du das sagen? 

Ja, also Handeln ist auf die Bundestagswahl gesehen wichtig.

Das ist ja wirklich ein minimaler Aufwand, zur Wahl zu gehen oder per Briefwahl zu wählen. Jemanden wählen, den ich als verauenswürdig erachte. Der soll dann meine Stimme in dem Großen vertreten, das ist das, warum ich persönlich auch wählen will, und ich glaube, dass dieses Kreuz zu setzen bei einer Wahl wirklich ein minimalistischer Aufwand ist.

Also: In dem Handlung zu gehen? Ja, natürlich klar, im Moment haben wir sehr starke Stimmungen, sehr viel Aufruhr, sehr viel Sehnsüchte auch nach Frieden, Sehnsucht  auch nach einer Demokratie, und das ist glaube ich sehr sichtbar. Es soll alles friedlich laufen mit Menschenketten, Lichterketten, die überall sind, die tausenden Menschen, die dafür stehen und ein Zeichen setzen.

Sie handeln und geben damit nonverbal eine Stimme, die sich für die Demokratie einsetzt.

Ja. Ich finde, an der Stelle sind wir eben auch machtvoll, indem wir tatsächlich sagen und zeigen: Demokratie ist wertvoll, sie ist mir etwas wert und das, was ich dazu tun kann, ist dieses Kreuz zu machen.

Das ist kein großer Aufwand, man kann es tun.

Es gibt niemanden der all meine Wünsche, Sehnsüchte und Ziele vertritt, aber es gibt doch große Schnittmengen, wo man eine Verständigung hinkriegt oder wo wir Übereinstimmung finden kann. Meinst Du nicht auch?

Ja, auf jeden Fall gibt es Parteien, die etwas von dem vertreten, was ich denke.

Es kann natürlich nicht meinen Wunsch zu 100% entsprechen, das wäre auch utopisch, weil die Parteien ja für alle versuchen mitzudenken. Wir sind eine Gesellschaft UND wir sind einzigartig. Aber wir haben natürlich auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Und das ist das  Politiker*innen sehen sollten.

Bei Politiker*innen achte ich sehr darauf was sie sagen, und wenn wir über Stimme reden, auch darauf wie sie das sagen. Da bin ich sehr feinfühlig, die Stimme und der Stimmklang zeigen, ob das Gesagte wirklich authentisch ist.

Oder ist es einfach nur ein Wort, das gesagt wird, oder meint die Person das auch.

Ja und ich glaube, wenn wir da auch grundsätzlich mehr auf Stimmen, Klänge oder Stimmfarben achten und sensibel werden, dass wir dann auch wieder viel mehr hinkommen zu einer Authentizität.

Authentisch sind wir ja dann, wenn all diese Ausdrucksmöglichkeiten, die wir haben, übereinstimmen, also wirklich kongruent sind, das heißt wenn der Körperausdruck zu dem passt, was ich sage.

Wenn ich etwas gern sagen, möchte ich auch, dass man mir ansieht, dass ich das gern sage, und dann darf man es auch hören, dass ich das gern sage.

Sobald es nicht mehr zusammenpasst, gibt es Verwirrung bei den Zuhörerenden und das ist das, was dann an Glaubwürdigkeit verloren geht.

Jetzt will ich natürlich nicht, dass jeder Politiker, jede Politikerin da wirklich jedes Mal in Begeisterung darüber ausbricht darüber, was sie für eine Ziele vertritt (warum eigentlich nicht?). Man darf es ja auch in Facetten mitkriegen und hören und irgendwie auch auf irgendeine Weise spüren, das ist ernst gemeint, ich fühl mich ernst genommen, ich fühl mich gehört, ich fühl mich wahrgenommen in meinen Bedürfnissen, und diese Person kann das für mich umsetzen.

Insofern finde ich tatsächlich, dass das Politiker*innen sich das auch noch mal echt klar machen müssen.

Ich merke, dass du dir das klar machst in deiner Rolle als Rednerin, als Sprecherin.

Ich finde, du kannst es besonders schön auf dem Punkt bringen, wie du zu deiner Position kommst, wie du dir überlegst, die Leute  zu erreichen, über Worte, über die Art wie ich preche, über die Orte an denen ich rede.

So möchte ich die Menschen erreichen und ich möchte sie dazu bewegen, das Thema sich das Thema durch den Kopf gehen zu lassen.

Das finde ich total vorbildlich, ehrlich gesagt. Danke, das ist toll.

Sag mal, hast du dann vielleicht ein Tipp für diejenigen, die uns zuhören oder dieses lesen werden?

Die eigene Stimme hörbar zu machen bedeutet, ganz viel auszuprobieren.

In jedem Gespräch etwas ändern, eine Sache ausprobieren, mit Freunden, mit Partner*innen.

ZB. die Stimme spielerisch nutzen, oder tatsächlich in Kursen, in Workshops und Theater, sei es Stimmtraining, sei es ein Rhetorikkurs oder irgendwie so etwas.

 

Ich würde sagen, dass ich auch sehr viel ausprobiert habe.

Alte Schulkamerad*innen sagen, dass ich nie was gesagt habe, dass ich so schüchtern war. Ich habe so gut wie nie eine eigene Stimme genutzt, außer ich war überzeugt “Ich weiß es”.

Und erst, dass ich verstanden habe, dass das, was ich sage, auch nicht immer die Wahrheit oder die Lösung sein muss, habe mehr darauf geachtet:

wie geht das eigentlich, wo ist meine Stimme stark, wo leise, und wie reagiere ich auf Stimme.

Das ist glaube ich auch etwas, was mir sehr, sehr präsent geworden ist.

Das ist Kommunikationen, Frauke!

Kommunikation heißt: ich sende Signale, ich probiere mal aus in unterschiedlichen Kontexten, aber ich kann selber auch zuhören.

Und ich kann selber hören und aufnehmen, wie machen die anderen das, und daraus formt man seine eigene Kommunikation.

Toll, dann danke ich dir für das Gespräch, für die Einblicke, die du geben hast

und finde das Ausgesprochen gut, dass wir das gemacht haben.

Vielen Dank für die Einladung.

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